Startseite  |  Geschichten  |  Winzer Hanno Rothweiler

„DER ROTE RIESLING - EINE GEFRAGTE REGIONALE SPEZIALITÄT…“

Im kleinsten deutschen Anbaugebiet liegt das größte Reich des Roten Rieslings. Mit über 15 Hektar Rebfläche verfügt die Region an den sanften Westhängen des Odenwalds über die größte zusammenhängende Rebfläche der seltenen Sorte. Seit 2006 spielt sich an der Hessischen Bergstraße eine aromatische Erfolgsgeschichte ab, die in der bundesweiten Weinwelt einzigartig ist. Initiiert und leidenschaftlich getragen von heimischen Winzern, die den Roten Riesling nicht nur zu ihrem geheimen Lieblingskind erkoren, sondern ihn in kürzester Zeit zu einer gefragten regionalen Spezialität gemacht haben.

„…EINE AUSDAUERNDE QUALITÄTSOFFENSIVE GAB DER REGION DEUTLICHEN AUFSCHWUNG“

Die besondere Rebsortenvielfalt, kleinteilige Topografie und große Varietät an Böden macht die Bergstraße schon von Haus aus zu einem Abenteuerspielplatz der Möglichkeiten. Auf den gut 460 klimatisch wie geologisch verwöhnten Hektar Rebland mit seinen steil zur Rheinebene abfallenden Hängen dominiert traditionell der Riesling. Doch haben sich in den vergangenen 20 Jahren immer mehr Visionäre und Pioniere daran gemacht, das facettenreiche Terroir aus 23 Einzellagen mit frischem Elan und neuen Perspektiven ein Stück weit neu zu denken. Mit der Öffnung des Weinhorizonts und einer ausdauernden Qualitätsoffensive einiger Betriebe hat es in der Region einen deutlichen Aufschwung gegeben, von dem letztlich das gesamte Anbaugebiet profitiert. Ein Wein-Zwerg, der durchschnittlich gerade einmal 30.000 Hektoliter im Jahr produziert, von denen die meisten direkt vor Ort ausgetrunken werden.

„WINZER HANNO ROTHWEILER GILT ALS MOTOR DER WEINBAUREGION … “

Hanno Rothweiler kennt die Dynamik des Anbaugebiets auch deshalb, weil er einer ihrer Motoren ist. Dabei ist er weder Bergsträßer noch Kind einer Winzerfamilie. "Nicht als Winzer, aber zum Winzer geboren", sagt er immer. Die Begeisterung für Natur und Handwerk hat früh gekeimt. Schon während seiner Ausbildung zu Beginn der 80er Jahre hat er seine ersten eigenen Weine gemacht. Heute bewirtschaftet er rund sechseinhalb Hektar bester Lagen in Zwingenberg, Bensheim-Auerbach und Heppenheim. Mit seinem Außenbetriebsleiter Reinhard Steinbacher ist Hanno Rothweiler jedes Jahr ein Garant für eine ebenso vielfältige wie in sich stimmige Kollektion, die regelmäßig mit Überraschungen aufwarten kann. Der Winzer war ein regionaler Cuvée-Pionier, hat früh Sorten wie Syrah, Merlot und St. Laurent angebaut und zuletzt mit einem exzellenten Primitivo (Zinfandel) in diesem Segment Maßstäbe gesetzt.

"DER ROTE RIESLING IST EIN SEHR ALTER NEWCOMER ..."

Rothweiler gilt als Rotwein-Experte – hat aber auch ein Faible für feine Zwischentöne und harmonische Vermählungen. Dem Roten Riesling traut er zu, zu einer Visitenkarte des Anbaugebiets zu werden – falls das noch nicht geschehen sein sollte. Der Betrieb baut die Sorte, die aus einer Farbmutation des weißen Rieslings entstanden ist, seit 2009 an. 2011 kam er erste Jahrgang auf die Flasche. Die uralte Traube ist weder eine Neuzüchtung noch ein Marketing-Kniff. "Der Rote Riesling ist sehr widerstandsfähig, er braucht weniger Wasser und hat eine dickere Haut", erklärt Hanno Rothweiler zunächst ganz pragmatisch. Für ihn zeigt der rote Bruder ganz klar eine Blutsverwandtschaft zum regionalen Klassiker, aber auch eine muskulösere Struktur mit mehr Extrakt, Würze und einer kernigeren, weniger spitzen Säure. "Ein ganz anderer Auftritt", so Rothweiler über die Performance dieses sehr alten Newcomers.

„DER ROTE RIESLING TROTZT DEM KLIMAWANDEL … “

Denn lange Zeit war die Spielart mit der rötlichen Beerenhaut und dem weißen Saft in Vergessenheit geraten. Der findige Jungwinzer Walter Götzinger aus dem kleinen Bensheim-Zell hatte die rare Variante aus einem Zufall heraus für sich entdeckt und 2006 erstmals angepflanzt. In Heppenheim war zur gleichen Zeit der Rebveredler Reinhard Antes dabei, den Roten Riesling im Anbaugebiet zu testen. Der leise Beginn einer beachtlichen Sorten-Renaissance. Mit der Hessischen Bergstraße als Wiege. Viele Winzer sind auf den fahrenden Zug aufgesprungen, die Rebfläche ist explodiert. Eine Endstation ist nicht in Sicht.
Auch Rothweiler hat seinen Bestand um eine zweite Parzelle auf jetzt rund 2000 Quadratmeter aufgestockt. Und zwar in einer exponierten Lage, wo vorher weißer Riesling gewachsen war. Das zeigt, welche Rolle die Sorte mittlerweile spielt und welches Potenzial ihr der Winzer zugesteht. "Viel Neues im Weinbau verschwindet nach einigen Jahren wieder", meint Hanno Rothweiler. Aber der Rote Riesling werde bleiben. Dank der Farbgrundstoffe trotzen die Trauben außerdem auch der Hitze besser als die weißen, berichtet er aus dem Wingert. Kein unwichtiges Argument in einer der wärmsten Regionen Deutschlands. Vom spürbaren Klimawandel ganz abgesehen, der sich auf lange Sicht ebenfalls auf den Rebsortenspiegel auswirken wird.

„... ES GEHT UM DIE QUALITATIVE WEITERENTWICKLUNG DER WEINBAUREGION… “

In seinem Auerbacher Weingut – charakteristisch mit dem "roten Türmchen" – verheiratet der umtriebige Winzer den Roten Riesling aber auch mit anderen Sorten. Den trockenen "Crossover" mit Weißburgunder kommentiert er cool als "Versöhnung in der Flasche": mit dem knackigen Biss des Rieslings und der weichen Fülle des Burgunders könne die Cuvée unter Genießern regelrechten Wein-Frieden stiften. Hanno Rothweiler traut  der Rothaut übrigens zu,  so manchen Weintrinker auch wieder auf den  Pfad zum weißen Riesling zu bringen, der an der Hessischen Bergstraße mit annähernd 50 Prozent der Gesamtrebfläche – inklusive der dazugehörigen Enklave Odenwälder Weininsel östlich von Darmstadt – weiterhin die erste Geige spielt.
Als weltweit größtes Anbaugebiet des Roten Rieslings kann die kleine Hessische Bergstraße mit Superlativen protzen. Dennoch bleiben die Winzer auf dem Boden der Tatsachen. Aber ohne dabei im Kopf stehen zu bleiben. Menschen wie Hanno Rothweiler geht es vor allem um die qualitative Weiterentwicklung der Weinbauregion, um den dauerhaften Erhalt der wertvollen Kulturlandschaft und um die Zukunft der gesamten Branche. Seit kurzem ist sein Weingut als Ausbildungsbetrieb anerkannt. Er freut sich, dass gerade wieder mehr junge Menschen in die "grünen Berufe" einsteigen. Rothweiler selbst wollte eigentlich im Landschaftsbau arbeiten. Ganz so weit hat er sich ja davon nicht entfernt.

"WER SICH AUSRUHT, SCHLÄFT GERN MAL EIN"

Auch nach Jahrzehnten der Entwicklung und Stilfindung möchte Rothweiler ein kritischer Geist bleiben. Ein Skeptiker, der Dinge ständig in Frage stelle und sie verbessern will, anstatt es sich auf einem Bett aus Lorbeeren bequem zu machen. "Wer sich ausruht, schläft gern mal ein", so der Winzer, der die Hessische Bergstraße im Jahr 2020 in einer insgesamt erfreulichen Position sieht: einige ganz junge Kollegen sind hinzugekommen, darunter das Weingut Schloss Schönberg,  die Sektkellerei Griesel & Compagnie  (beide gehören dem Unternehmerpaar Streit) sowie  - ganz frisch dabei – die kleinen Heppenheimer Betriebe Amthor und Weinbau Koob. Jetzt gehe es darum, im Sinne des Anbaugebiets noch enger zusammenzurücken.
Andererseits sind ein paar der prägenden Charakterköpfe von einst auf der Strecke geblieben. Beispielhaft nennt er das Weingut Seitz, seinen Lehrbetrieb, der seine Rebflächen vollständig veräußert hat. Seinen damaligen Chef Tobias Georg Seitz zitiert er immer noch gern: Es dauere nach einem Neustart mindestens zehn Jahre, bis man eine anständige Kollektion vorweisen könne. Und 20, bis man eine zuverlässige eigene Handschrift habe. Rothweiler hat vor 38 Jahren angefangen und prägt die regionale Szene heute in der ersten Reihe mit.
"Nicht locker lassen, immer am Ball bleiben", beschreibt er sein Credo, das man auch dem kompletten Anbaugebiet wünschen würde.  Die Zeichen stehen gut.  Aus dem ehemaligen "Jungwinzer" und frechen Vordenker ist ein erfahrener und enorm geschätzter Weinmacher geworden. Er ist ein wenig ruhiger geworden, reflektierter und nachdenklicher. Seinen vitalen Pioniergeist hat Hanno Rothweiler in all den Jahren nicht verloren.

Text: Thomas Tritsch, Bilder: www.myodenwald.de

Kontakt:

Hanno Rothweiler
Neuer Weg 21
D-64625 Bensheim
Telefon: 06251 76569
Telefax: 06251 788385
E-Mail: mail@hanno-rothweiler.de
www.hanno-rothweiler.de

© 2024 Bergstrasse-Odenwald

                #ibePlaceholderMetaTag

                #ibePlaceholderJSAfterContent

                #ibePlaceholderHead