Startseite  |  Detail

erstellt am 23.07.2020

Des Kaisers neue Kleider oder was täten wir ohne Schafe...

Seien sie vornehm unsichtbar oder auch mollig weich und warm: Kleider braucht jeder Mensch. Warum eigentlich ist der Mensch so nackt und schutzbedürftig?

Gab er sein wärmendes Fell auf, als er das Feuer entdeckte? Schien ihm sein haariger Körper zu tierisch, zu unvornehm? Niemand weiß, was zu jenen fernen Zeiten am Höhlenfeuer in den Köpfen der Alten vor sich ging. Auf jeden Fall sind viele Stunden Tag für Tag der mühseligen Arbeit nötig, damit Menschen sich ihre Kleidung schaffen können.

Der Mensch wäre aber nicht der Mensch, würde er nun einfach eine wärmende Hülle herstellen. Nein, da muss schon etwas Würdiges, Kunstvolles gewebt, gewirkt, gestickt oder genäht werden.

Wie lange musste ein Mädchen in früheren Zeiten an seiner Aussteuer nähen, bevor die Truhe wohlgefüllt und das Mädchen damit heiratsfähig war!
In wie viele Faltenwürfe legten die alten Römer und Griechen ihre Gewänder - Elle um Elle!
Märchenprinzessinnen zogen lange lange Schleppen an ihren kostbaren Kleidern hinter sich her, sofern diese nicht von zahllosen Zofen getragen wurde!

Seide! Allein welch märchenhafte Geschichten sich um Seide ranken, um die im Haarknoten einer chinesischen Prinzessin in die westliche Welt geschmuggelten Seidenraupen!

Mondsilber musste in kühles Linnen verwoben, Elfenhaar zu zartem Organza gefügt werden.
Das waren jene uralten zauberdurchwirkten Zeiten, als die Menschen ihre Kleidung noch selbst anfertigten. Sie hüteten das Feuer, das sie damals gerade erst zu bändigen lernten, bauten eine Hütte darum - und klingt uns nicht im Wort Hütte noch das Hüten nach? Sie hüteten ihre Schafe, die Wärme und Nahrung gaben und sorgsam vor dem hungrigen Wolf geschützt werden mussten.

All das war viel Müh und Plag, und bald war eine neue Zunft geboren: die Gilde der Armen. Wenige erwarben Haus und Hof, beides im Wortstamm houe enthalten, viele aber mussten die ganze Arbeit tun: längst konnte eine Familie nicht mehr alles - Speis und Trank, Kleidung, Werkzeug, ein Dach über dem Kopf und alles was das Tagwerk so erforderte - selbst schaffen. So gab es in den Dörfern auch jene, die nichts hatten. Die Taglöhner, das Gesinde: Knechte und Mägde, die Hintersassen und Wandergesellen. Wer nicht sein eigenes Fleckchen Land zu beackern hatte, musste sein täglich Brot bei anderen verdienen, und so begann die Gilde der Armen, mit Leineweben, Schafscheren und Flachsspinnen die Töpfe der Wohlhabenden zu füllen.
Wie viele Märchen erzählen uns von armen Leinewebern, wie mager erscheint uns das tapfere Schneiderlein!

Ganze Landstriche, mit kargen Böden gestraft, versorgten sich fortan durch das Herstellen von Kleidern. Ihre Häuschen wurden um die mächtigen Webstühle herumgebaut, schon die Kinder hockten Stund um Stunde in der Webstube, keine Schule, kein Spiel, keine Kindheit war ihnen vergönnt. Nur die Geschichten, die abends nach getaner Arbeit, bei einem trockenen Kanten Brot und einem Schälchen Ziegen- oder Schafsmilch erzählt wurden, die erfreuten die Kleinen.

Doch kehren wir weiter zurück zu den Steinzeitfamilien, die noch alle Arbeiten selbst verrichteten, „den Buckel krumm machten“. Die ganze Familie, vom Kind bis zum Alten, musste mitarbeiten. Schafe mussten gehütet und geschoren werden. Das übernahmen die Buben, die im Sommer in Hütten bei den Schafen lebten. Schon bald, nachdem die Menschen erkannten, dass man Schafe nicht nur essen, sondern auch ihre warme Wolle nutzen kann, hegte und pflegte man die nützlichen Tiere noch mehr. Noch heute gibt es archaische Schafrassen wie das Soayschaf, fast wild und direkt aus der Steinzeit. Anfangs kämmte man die Schafe nur aus, um an Wolle zu kommen. Dann aber begann man sie zu scheren. Im Mittelalter war jede Familie des Dorfes verpflichtet, Schafe zu halten und ihren Anteil für einen gemeinsamen Schäfer beizutragen. So zog der Schäfer mit großen Herden von Weide zu Weide, bis es Zeit war die Einsamkeit zu verlassen und die Schafe zur Schur zu bringen.

Im Frühsommer war es soweit: die Schafe wurden in den Fluss getrieben, damit sie schön sauber wurden. Waren sie wieder trocken, so scherte sie der Schäfer, oft gemeinsam mit Helfern aus dem Dorf. Und weil es oft Mitte Juni, wenn die Schafe schon geschoren sind, noch einmal kühles Wetter gibt, spricht der Volksmund von der Schafskälte.

Die meisten Schafe gab es vor dem 30jährigen Krieg: da registrierten die Kasseler Ämter 30.000 Tiere. Später wurden nur noch 2000 Schafe gezählt, und als der Krieg vorbei war, herrschte großer Wollmangel. Die Schafhaltung wurde nie wieder so wichtig wie vor diesem Krieg.
Bekam der Weber einen Hungerlohn, ebenso wie der Schäfer, der Schneider und der Knopfmacher, so entwickelte sich das Bäuchlein der Handelsherren prächtig.

Immer und zu allen Zeiten, auf allen Kontinenten, ist die Geschichte der Kleidung eng mit der Geschichte der Armut verknüpft: Baumwollpflücker, Schafhüter im australischen Outback, Kinder in Indien, in Taiwan und Pakistan...
Und doch wollen wir Märchenfreunde die Hoffnung nicht aufgeben, dass alles endlich gut werden wird. Wer weiß, vielleicht wird man sich in späteren Zeiten Märchen erzählen nicht nur über den unermesslichen Reichtum der Augsburger Fugger, sondern auch über moderne Schäfer, die Schäferwagen mit Solarkollektoren haben und ihre Schafe zwischen ICE-Trassen und Autobahn zu einem Kräutlein am Wegrand führen, so köstlich wie im Märchen!
Flurnamen künden uns heute noch davon, wie wichtig Schafe einst für die Menschen waren: Schneiderstriesch, Driesche oder auch Dreesch, so nannte man früher das Land das gerade nicht ackerbaulich genutzt war, auf dem vielmehr die Schafe weideten.

Und so wird es sich gewiss einst vor langer langer Zeit einmal zugetragen haben, dass ein tapferer Schneider auf seiner großen Stopfnadel daher geritten kam, die schönen wolligen Schafe sah und beschloss, hier zu bleiben und zu spinnen, zu weben, zu nähen - und darüber gänzlich das Essen vergaß.

Marieta Hiller

diese Seite teilen

Das könnte Dir auch gefallen

"Das könnte Dir auch gefallen" überspringen
Rezept von Jochen Katzmaier, Hotel-Restaurant-Haus Schönblick, Mossautal-Güttersbach. }
Ein leckeres Rezept von Reiner Holschuh, Brauereigaststätte „Zum Deutschen Haus“ in Michelstadt }
Ein leckeres Rezept von Martha Deigner, Restaurant-Weinstube Brücke-Ohl, Groß-Umstadt }

Lammgulasch

Georg-August-Zinn-Straße 23, 64823 Groß-Umstadt, Deutschland

Ein leckeres Rezept von Martha Deigner, Restaurant-Weinstube Brücke-Ohl, Groß-Umstadt

Hauptspeise Bayerisch

Rezept

Ein leckeres Rezept vom Hotel Berghof in Reichelsheim/Erzbach. }

Lammhaxe in Schmucker Schwarzbier geschmort

Forststraße 44, 64385 Reichelsheim, Deutschland

Ein leckeres Rezept vom Hotel Berghof in Reichelsheim/Erzbach.

Hauptspeise Schmoren Bayerisch

Rezept

Ein leckeres Rezept von Carsten Gohlke, Moderator des Hessischen Rundfunks }
Ein leckeres Rezept vom Restaurant Grüner Baum in Michelstadt. }
Unseren Gästen gemütliche Stunden zu bereiten und die Sorgen des Alltages vergessen zu lassen, erfüllt uns mit Freude und Stolz. Gastgeber zu sein und Gäste zufriedenzustellend zu bewirten, galt schon immer als Ausdruck einer verfeinerten Lebenskunst. }

Restaurant Abt- und Schäferstube

Geschlossen (öffnet 18:00 Uhr)

Schafhof 1, 63916 Amorbach, Deutschland

Unseren Gästen gemütliche Stunden zu bereiten und die Sorgen des Alltages vergessen zu lassen, erfüllt uns mit Freude und Stolz. Gastgeber zu sein und Gäste zufriedenzustellend zu bewirten, galt schon immer als Ausdruck einer verfeinerten Lebenskunst.

Restaurant

Das etwas andere Lokal: Ein Gewölbekeller mit Charm, besonderen Events und einem Biergarten vor der Tür. }

La Bastille Eventgalerie

Geschlossen (öffnet 14:00 Uhr)

Braunstraße 22, 64720 Michelstadt, Deutschland

Das etwas andere Lokal: Ein Gewölbekeller mit Charm, besonderen Events und einem Biergarten vor der Tür.

Regional, Deutsch

Biergarten Gastro Restaurant

Der familiäre Landgasthof bietet frische Odenwälder Küche mit internationalen Einflüssen. Von der Terrasse bietet sich ein schöner Blick auf die Burg Freienstein. }

Landgasthof "Grüner Baum"

Geschlossen (öffnet 17:30 Uhr)

Neckartalstr. 65, 64760 Oberzent, Deutschland

Der familiäre Landgasthof bietet frische Odenwälder Küche mit internationalen Einflüssen. Von der Terrasse bietet sich ein schöner Blick auf die Burg Freienstein.

țțțsuperior

Regional, International, Deutsch

Biergarten Gastro Restaurant

Wir laden Sie ein, unseren mit drei Sternen ausgezeichneten Landgasthof etwas näher kennen zu lernen. }

Landgasthof Waldschlößchen

Geschlossen (öffnet 17:00 Uhr)

Nibelungenstr. 102, 64678 Lindenfels, Deutschland

Wir laden Sie ein, unseren mit drei Sternen ausgezeichneten Landgasthof etwas näher kennen zu lernen.

Regional, Deutsch

Biergarten Gastro Restaurant

Das Restaurant Michelstädter Hof ist täglich geöffnet und bietet sowohl um die Mittagszeit als auch Abends regionale Odenwälder Küche. }

Restaurant Michelstädter Hof

Jetzt geöffnet (bis 21:30 Uhr)

Rudolf-Marburg-Str. 41, 64720 Michelstadt, Deutschland

Das Restaurant Michelstädter Hof ist täglich geöffnet und bietet sowohl um die Mittagszeit als auch Abends regionale Odenwälder Küche.

Regional, Deutsch

Biergarten Gastro Restaurant

Die Metzgerei Schlößmann ist ein seit 180 Jahren bestehender Traditionsbetrieb. In der Metzgerei wird noch selbst geschlachtet und mit eigenen Rezepten gearbeitet. }

Metzgerei Schlößmann

Jetzt geöffnet (bis 18:00 Uhr)

Frankfurter Str. 2, 64732 Bad König, Deutschland

Die Metzgerei Schlößmann ist ein seit 180 Jahren bestehender Traditionsbetrieb. In der Metzgerei wird noch selbst geschlachtet und mit eigenen Rezepten gearbeitet.

Metzgerei Direktvermarkter

Die Odenwälder GenussWerkstatt bietet Fleisch- und Wurstwaren aus dem Odenwald in Kombination mit ganz besonders kreativen Ideen. }

Odenwälder Genusswerkstatt

Jetzt geöffnet (bis 18:00 Uhr)

Hauptstraße 120, +49 (0)6063 2163 Brombachtal, Deutschland

Die Odenwälder GenussWerkstatt bietet Fleisch- und Wurstwaren aus dem Odenwald in Kombination mit ganz besonders kreativen Ideen.

Metzgerei Direktvermarkter

Der landschaftlich reizvoll gelegene Gasthof mit familiärer Atmosphäre ist ein beliebtes Ausflugslokal mit schöner Aussicht und hervorragender Küche. }

Gasthof "Zum Laudenauer Tal"

Geschlossen (öffnet 18:00 Uhr)

Gumpener Straße 59, 64385 Reichelsheim, Deutschland

Der landschaftlich reizvoll gelegene Gasthof mit familiärer Atmosphäre ist ein beliebtes Ausflugslokal mit schöner Aussicht und hervorragender Küche.

Regional, Deutsch

Biergarten Gastro Restaurant

Zu "Das könnte Dir auch gefallen" zurückspringen

© 2024 Bergstrasse-Odenwald

                #ibePlaceholderMetaTag

                #ibePlaceholderJSAfterContent

                #ibePlaceholderHead